Frage an Islam Fatwa:

Was sind die islamischen Benimmregeln beim Verrichten der Notdurft, wie dem Stulgang und dem Urinieren?

Antwort:

Es wird dir, mein lieber Leser – möge Allah dir, mir und allen Muslimen Erfolg gewähren – nicht entgangen sein, dass der Islam eine vollkommene, einzigartige und umfassende Religion ist. Es gibt nichts, was für unser weltliches und religiöses Leben erforderlich wäre, das im Islam nicht klar dargelegt worden ist. Sogar die Verhaltensregeln, die beim Verrichten der Notdurft zu beachten ist, wird aufgezeigt, damit der Mensch – den Allah gegenüber den Tieren geehrt hat – sich auch in diesem Anliegen mit solchen Anstandsformen von den Tieren unterscheidet.

Der Islam ist die Religion der Reinheit und Sauberkeit. Daher gibt es islamische Verhaltensregeln, die beim Betreten der Toilette, während des Verrichten der Notdurft und beim Verlassen derselben zu beachten sind.

Beim Betreten der Toilette ist es wünschenswert, dass ein Muslim sagt:

{ بسم الله، أعوذُ باللهِ مِنَ الخُبُثِ والخبائِثِ }

„Im Namen Allahs, ich suche Zuflucht bei Allah vor allem Üblen und Schändlichen.“ [1] und dabei mit seinem linken Fuß eintritt.

Beim Verlassen ist es wünschenswert, mit dem rechten Fuß hinauszutreten und dabei zu sprechen:

{ الْحَمْدُ لِله الَّذِي أَذْهَبَ عَنِّي الْأَذَى، وَعَافَانِي }

Alles Lob gebührt Allah, Der den Schaden von mir entfernt und mir Gesundheit gewährt hat.“ [Überliefert von Ibn Majah]

Anmerkung: Schaykh bin Baz sagte[2]: Dieser Hadith ist nach Ansicht der Gelehrten da'if (schwach), jedoch ist es kein Problem, wenn jemand ihn sagt, aber es ist keine Sunnah. Die Sunnah lautet:

{ غُفْرَانَكَ }

 „Ich bitte um Deine Vergebung. [3]

Dies liegt daran, dass die rechte (Hand oder das Bein) für Angelegenheiten der Ehre und Verschönerung benutzt wird, während die linke für das Entfernen von Unreinheiten und Ähnlichem verwendet wird.

Wenn jemand im Freien die Notdurft verrichten muss (an einem Ort, der dafür nicht vorgesehen ist), ist es wünschenswert, dies abseits der Menschen zu tun und sich hinter einer Wand, einem Baum oder Ähnlichem zu verbergen.

Außerdem ist es im Freien verboten, sich während des Verrichten der Notdurft in Richtung der Qiblah zu wenden oder ihr den Rücken zuzukehren. Vielmehr sollte man sich nach Osten oder Westen wenden, um zu vermeiden, der Qiblah entgegenzusehen oder ihr den Rücken zuzukehren, da der Prophet () beides beim Verrichten der Notdurft verboten hat [4]. Man muss dabei auch darauf achten, dass kein Urinspritzer auf den Körper oder die Kleidung gelangt. Daher wird empfohlen, beim Urinieren im Freien einen geeigneten Boden auszuwählen, um eine Verunreinigung durch Spritzer zu vermeiden.

Des Weiteren ist es beim Verrichten der Notdurft verboten, die Ausscheidungsöffnungen (für Urin und Stuhl) mit der rechten Hand zu berühren.

Es ist ebenfalls verboten, die Notdurft auf öffentlichen Straßen oder an Orten zu verrichten, die von Menschen als Zufluchtsort genutzt werden, oder an einer Wasserquelle, die von Menschen gebraucht wird. Denn der Prophet () hat dies verboten, da solche Taten den Menschen Schaden zufügen.

Andererseits soll man nie eine Toilette betreten, während man etwas (wie ein Papier, Dokument oder Ähnliches) bei sich trägt, auf dem der Name Allahs – Erhaben und Majestätisch ist Er – oder Quranverse stehen. Wenn man jedoch befürchtet, dass man solche Sachen (Papiere oder Dokumente) draußen verliert, bevor man fertig ist, ist es erlaubt, die Toilette mit ihnen zu betreten, vorausgesetzt, dass man sie bedeckt.

Darüber hinaus ist es nicht erlaubt, während dem Verrichten der Notdurft zu sprechen, denn in einem Hadith wird erwähnt, dass Allah solche Taten verabscheut.
Ebenso ist es verboten, den Qur'an in der Toilette oder während dem Verrichten der Notdurft zu rezitieren.

Wenn man das Verrichten der Notdurft abgeschlossen hat, muss man Istinja, Istijmar oder deren Ersatz durchführen. Es ist besser, sowohl Istinja als auch Istijmar zu kombinieren, wenn man die Ausscheidungsöffnungen nach dem Stuhlgang oder dem Urinieren reinigt, doch das Ausführen eines der beiden ist ausreichend. Beim Istijmar sollte man die Ausscheidungsöffnungen mit Steinen oder Ersatzmaterialien wie Toilettenpapier, Wischtüchern oder Ähnlichem reinigen, wobei die Stellen sauber und trocken sein sollen. Man muss sie mindestens dreimal abwischen oder öfter, falls nötig.

Es ist verboten, Istijmar mit Knochen oder Mist durchzuführen, da der Prophet () dies verboten hat. Man sollte auch alle Spuren der Unreinheit entfernen und die Stelle trocknen, damit keine Unreinheit an den Ausscheidungsöffnungen, der Kleidung oder anderen Körperteilen verbleibt.

Einige Fuqaha' (Gelehrte der islamischen Rechtswissenschaft) sind der Meinung, dass Istinja oder Istijmar eine Bedingung für die Gültigkeit der Gebetswaschung (Wudu') ist, falls man die Notdurft verrichtet hat. Nach dieser Meinung ist die Gebetswaschung ungültig, wenn sie nicht nach einem vorherigen Istinja oder Istijmar durchgeführt wurde. Dieses Urteil basiert auf einem Hadith, der von Al-Miqdad überliefert wurde:

{ يغسل ذكره، ثم يتوضأ }

„Man soll sein Geschlechtsteil waschen und dann die Gebetswaschung verrichten.“ (Überliefert von Al-Bukhari und Muslim)

Imam An-Nawawi erklärt, dass es eine Sunnah (prophetische Tradition) ist, Istinja vor der Gebetswaschung durchzuführen, um Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel zu vermeiden und die Gültigkeit der Gebetswaschung sicherzustellen.

Daher muss man sich vom Urin reinigen, denn Nachlässigkeit in dieser Angelegenheit ist eine der Ursachen für die Strafe im Grab.
Zur Verdeutlichung berichtete Abu Hurayrah (möge Allah mit ihm zufrieden sein), dass der Gesandte Allahs () sagte:

{ استنزهوا من البول؛ فإن عامة عذاب القبر منه }

„Reinigt euch vom Urin, denn die meisten Strafen im Grab sind wegen ihm.“ (Überliefert von Abu Dawud und Ibn Majah)

Lieber Leser, du solltest wissen, dass die Vollkommenheit der Reinigung die Ausführung der Anbetungshandlungen erleichtert und ihre Vollständigkeit fördert. Imam Ahmad (rahimahullah) überlieferte von einem der Gefährten des Propheten, dass, als er (ﷺ) die Menschen im Morgengebet (Subh) leitete und die Sura Ar-Rum (Die Byzantiner) rezitierte, er sich unsicher über seine Rezitation war. Als er das Gebet beendet hatte, sagte er:

{ إنه يلبس علينا القرآن، إن أقواما منكم يصلون منكم يصلون معنا لا يحسنون الوضوء، فمن شهد الصلاة معنا؛ فليحسن الوضوء }

„Wir wurden unsicher im (rezitieren des) Qur'an, weil einige von euch mit uns beten, ohne die Gebetswaschung richtig durchzuführen. Also soll derjenige, der das Gebet mit uns mitbetet, seine Gebetswaschung richtig verrichten.“ [5]

Allah hat auch die Bewohner der Quba'-Moschee wegen ihrer Reinheit gelobt und gesagt:

{ فِيهِ رِجَالٌ يُحِبُّونَ أَنْ يَتَطَهَّرُوا وَاللَّهُ يُحِبُّ الْمُطَّهِّرِينَ }

„In ihr sind Männer, die es lieben, sich zu reinigen; und Allah liebt die sich Reinigenden.“ (Surah At-Tawbah: 108)

Al-Bazzar berichtete, dass, als man diese Leute von Quba' fragte, wie sie sich reinigen, sie antworteten: „Wir benutzen Wasser nach Steinen.“ (Das heißt: sie vollzogen Istijmar und entfernten erst die grobe Unreinheiten, gefolgt von Istinja, womit sie mit Wasser den Rest abwuschen).

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass einige Leute fälschlicherweise glauben, dass Istinja ein Bestandteil der Gebetswaschung ist. Sie denken, dass man mit Istinja beginnen müsse, wann immer man die Gebetswaschung verrichten wolle, selbst wenn man bereits zuvor Istinja nach dem Verrichten der Notdurft durchgeführt hat. Das ist völlig falsch; Istinja ist kein Bestandteil der Gebetswaschung, sondern lediglich eine ihrer Voraussetzungen – wie bereits erwähnt – und wird nur nach dem Verrichten der Notdurft durchgeführt. Daher muss man es nicht unnötigerweise vor der Gebetswaschung verrichten, wenn kein Anlass wie das Verrichten der Notdurft und das Verunreinigtsein der Ausscheidungsöffnungen vorliegt.

Zusammenfassend möchten wir sagen, dass unsere Religion, der Islam, die Religion der Reinheit und Sauberkeit ist; die Religion des besten Verhaltens und der edelsten Manieren. Sie betont und klärt alle Angelegenheiten, die Muslime benötigen könnten, sowie alle Prinzipien, die ihr Leben verbessern können. Es gibt nichts, das den Muslimen nützt, ohne dass es im Islam genannt, betont und geboten wird. So gebührt alles Lob Allah für Seine Gnaden.

Wir bitten Allah, uns standhaft in der Ausübung und Beachtung dieser großartigen Religion zu machen, dass wir ihre Gebote begreifen, nach ihren Lehren leben, aufrichtig und treu, damit Allah unsere guten Taten annimmt.

Schaykh Saalih al-Fawzaan, hafidhahullah

Quelle: الملخص الفقهي - „Eine Zusammenfassung der islamischen Jurispudenz“, Band 1, Kapitel 4 – Benimmregeln beim Verrichten der Notdurft. Übersetzung: Abu Davut Konyevi.


[1] Al-Tirmidhi Nr. 606, Ibn Majah Nr. 297 und Al-Bazzar Nr. 484.
[2] Scharh Al-Muntaqa: شرح المنتقى - باب ما يقول المتخلي عند دخوله وخروجه
[3] Sunan Abi Dawud 1/7, Ibn Majah 1/110, Al-Darimi 1/174, Al-Musnad von Imam Ahmad 6/155.
[4] Al-Bukhari Nr. 144, 1/322 und Muslim Nr, 608, 2/148.
[5] Ahmad (15855) [3/616].