Frage:
Wie ist der Hadith: „Wer am Tag von 'Aschura badet, wird während des ganzen Jahres nicht krank sein.“ zu verstehen?
Antwort:
Alle Ahadith bezüglich des Badens am Tag von 'Aschura (10. Muharram), dem Auftragen von Kuhl (Antimonpulver-Eyeliner), dem Färben (mit Henna), neben weiteren Akten, die von Ahl us-Sunnah (jenen, die an der Sunnah festhalten) in Opposition zu den Schiiten eingehalten werden, sind maudu’-Ahadithe (fabrizierte Hadithe), mit Ausnahme derer, die über das Fasten erwähnt werden.
Scheikh Al-Islam Ibn Taymiyyah (rahimahullah) erwähnte in ‚Al-Fataawa’ Band 4, Seite 513:
„Einige Leute unter denjenigen, die Anspruch erheben der Sunnah zu folgen, erzählten viele maudu’-Ahadith, auf denen sie mit ihren Slogan und Handlungen, an diesem ('Aschura) Tag, basierten, mit welchen sie auch diesen Leuten (den Rafidah, schiitische Sekte) widersprachen.
Daher traten sie einer ungültigen Handlung mit einer anderen ungültigen Handlung entgegen, und fochten eine Bid’ah (Erneuerung in der Religion) durch die Einführung einer anderen (Bid’ah) an. Nichtsdestotrotz gab es eine (Bid’ah), die tatsächlich größer war und die Atheisten mehr unterstützte, als die andere (Bid’ah von Al-Rafidah); wie der lange Hadith, der lautet: „Jeder, der am Tag von 'Aschura badet, wird in diesem Jahr nicht krank sein, und jeder, der Kuhl am Tag von 'Aschura trägt, dessen Augen werden in diesem Jahr nicht schmerzen.“
Zusätzlich zu anderen ähnlichen Handlungen an diesem Tag, wie dem Färben mit Henna, Hände Schütteln, und so weiter. Dieser Hadith und andere ähnliche werden alle, im Konsens derjenigen, die Wissen über die Hadithwissenschaft haben, als fabrizierte Lügen erachtet. Dennoch haben einige Hadith-Gelehrte gesagt, dass er sahih (authentisch) ist. Sie behaupten, dass seine Isnad (Überlieferungskette) die Bedingungen von 'sahih' erfüllt. Dies ist jedoch zweifellos falsch, wie in anderen Positionen klargestellt wurde.
Darüber hinaus erklärte keiner der muslimischen Imame (Initiatoren einer Rechtsschule) es als mustahab (wünschenswert) sich am Tag von 'Aschura zu reinigen, Kuhl zu tragen, mit Henna zu färben und Dergleichen. Es wurde auch nicht von den zuverlässigen muslimischen Gelehrten erwähnt, an die sich die Menschen wenden, um Allahs Gebote und Verbote zu kennen.
Dies wurde weder von dem Gesandten Allahs (sallAllahu alayhi wa sallam) noch von Abu Bakr, `Umar, `Uthman oder `Ali (radiAllahu anhum) eingehalten. Darüber hinaus gab es keine Erwähnung dieser Ahadith in einem der Bücher oder Musnads (Hadith-Kompilierungen), die von Hadith-Gelehrten verfasst wurden, wie z.B. Musnad Ahmad, Is-Haq, Ahmad ibn Mani‘ Al-Hamidy, Al-Dalany [1], Abu Ya `la al-Mawsily und anderen. Sie wurden nicht in irgendeinem, der nach Themen geordneten, Hadith-Bücher wie z.B. dem Sihah (pl. v. Sahih: Authentisches Hadith-Buch), den Sunan (Hadith-Sammlungen, nach rechtswissenschaftlichen Themen geordnet), oder jenen, die die Musnads und Athar (Erzählungen der Gefährten) beinhalten; wie z.B. Muwatta’ Malik, Waki’, `Abdul-Razzaq, Sa’id ibn Mansur, Ibn Abu Shaybah und anderen wie ihnen, angegeben).“
Zitat Ende (von Schaikh Ibn Taymiyyah).
Von Al-Hafizh ibn Rajab (rahimahullah) wurde in seinem Buch 'Lata’if Al-Ma’arif', betreffend dem Fasten an 'Aschura, erwähnt:
„Alles, was über den Vorzug des Tragens von Kuhl, dem Färben mit Henna und dem Baden am Tag von 'Aschura berichtet wurde, ist maudu’ (erfunden) und falsch.“
Bezüglich Sadaqah (freiwilliger Almosen) wurde von `Abdullah ibn `Amr ibn Al-`As überliefert, dass er sagte: „Wenn jemand am Tag von 'Aschura fastet, ist es, als ob sie das ganze Jahr gefastet hätten. Und wenn jemand an diesem Tag Sadaqah gibt, ist es, als ob sie sie während des ganzen Jahres gegeben hätten.“ (Berichtet von Abu Mussa Al-Madiny)
Bezüglich, an diesem Tag großzügig gegenüber seinen Kindern zu sein, sagte Harb: „Ich fragte Ahmad über den Hadith: ‚Jeder, der am Tag von 'Aschura zu seiner Familie freigebig ist ...‘ Er erklärte dass er nicht als Hadith zählt.“ Ibn Mansur fügte hinzu: „Ich fragte Ahmad: ‚Hast du irgendetwas über diesen Hadith gehört: ‚Derjenige, der am Tag von 'Aschura großzügig gegenüber seiner Familie ist, dem gegenüber wird Allah das ganze Jahr großzügig sein.‘ Und er antwortete bestätigend.“
Es wurde auch von Sufyan ibn Huyaynah von Ja’far Al-Ahmar von Ibrahim ibn Muhammad ibn Al-Muntashir, der einer der besten Hadith-Erzähler seiner Zeit war, berichtet, dass er informiert wurde, dass: „Derjenige, der am Tag von 'Aschura großzügig gegenüber seiner Familie ist, dem gegenüber wird Allah für das ganze Jahr großzügig sein.“ Ibn ‘Uyaynah erwähnte, dass er fünfzig oder sechzig Jahre lang nach diesem Hadith handelte und im Resultat war alles gut. Was die Aussage von Harb anbelangt, dass Ahmad ihn nicht als Hadith zählte, so meinte er den Hadith, der als Marfu’ (Hadith des Propheten, mit verbundener oder getrennter Überlieferungskette) überliefert wurde, da seine Isnad (Überlieferungskette) unecht ist.
Obwohl er durch mehrere Wege der Überlieferung berichtet wurde, sind sie alle unecht. Ein Beispiel hierfür ist der, der durch Muhammad ibn ‘Abdullah ibn ‘Abdul-Hakam berichtet wurde. Des Weiteren erklärte Al-’Uqayly, dass er (unter den Gelehrten) nicht authentisch übermittelt wurde. Er wurde auch von ‘Umar berichtet, nach seinen Worten. Allerdings enthält seine Isnad einen anonymen Erzähler in seiner Kette.
Andererseits sind die Handlungen der Trauer, die einige Leute wie Al-Rafidah an diesem Tag wegen der Ermordung von Al-Husayn (radiAllahu anhu) darbieten, charakteristisch für diejenigen, die den richtigen Weg in diesem Leben verpasst haben, während sie denken, dass sie Gutes durch ihre Taten erwerben. Denn weder Allah (Erhaben ist Er) noch Sein Gesandter (sallAllahu alayhi wa sallam) bestimmten, den Tod der Propheten oder das Unheil, das ihnen widerfuhr, zu beklagen. In welcher Weise also könnte dies in Bezug auf Menschen, die im Rang unter ihnen stehen, zutreffen?“
Zitat Ende (von Al-Hafizh ibn Rajab).
Basierend auf den zitierten Aussagen von Ibn Taymiyyah und Al-Hafizh ibn Rajab (rahimahumullah), ist bekannt, dass die genannten Ahadith betreffend dem Herausgreifen des Tags von 'Aschura für das Tragen von Kuhl, das Baden, das Färben mit Henna und so weiter, alle maudu’ (erfunden) sind. Ebenso sind alle Ahadith, die über den Vorzug des freigebigen Schenkens an seine Kinder erwähnt wurden, ebenfalls nicht authentisch.
Betreffend dem, was von Ibrahim ibn Muhammad Al-Muntashir (jüngerer Tabi'i) berichtet wurde, der es von einer anderen Person übermittelte, ohne sie zu nennen, und ähnliches tat Sufyan ibn ‘Uyaynah, der renommierte Imam, ist es nicht zulässig, dies als Beweis für die Gültigkeit des freigebigen Schenkens (an diesem Tag) zu zitieren. Denn der Beweis muss aus dem Quran oder der Sunnah abgeleitet werden, nicht aus den Handlungen der Tabi’un oder denjenigen, die ihnen nachfolgten. Demzufolge wird die Anordnung, dies am Tag von 'Aschura zu tun, als ein unzulässiger Akt der Bid’ah (religiöser Erneuerung) erachtet.
Der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte: „Wer eine Tat vollbringt, die nicht in Übereinstimmung mit dieser unserer Sache (Islam) ist, dessen Tat wird abgelehnt.“ [2]
Der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte auch: „Wer etwas in unsere Angelegenheiten (Islam) einführt, das nicht dazu gehört, dessen Handlung wird zurückgewiesen werden.“ [3]
In Bezug auf das Geben von Sadaqah an diesem Tag, gibt es den Hadith von `Abdullah ibn `Amr, der zuvor in den Aussagen von Al-Hafizh ibn Rajab erwähnt wurde, und er ist Mauquf. Er wurde von ihm von Abu Musa Al-Madiny berichtet, aber Al-Hafizh ibn Rajab (rahimahullah) erwähnte nichts über seine Isnad. Doch die meisten der Erzähler, von denen Abu Musa Al-Madiny überlieferte, wurden als schwache und unechte Erzähler eingestuft. Daher ist es nicht zulässig, nach solch einem Hadith zu handeln, es sei denn, es wird bewiesen, dass er authentisch von `Abdullah ibn `Amr ibn Al-`As (radiAllahu anhum) berichtet wurde. In dem Fall, dass dies bewiesen wird, dann wird er als Marfu’ erachtet, da solch ein Aussage nicht als persönliche Meinung ausgegeben werden kann.
Noch einmal:
Am Tag von 'Aschura zu trauern ist eine der verachteten Bid’ahs (religiösen Erneuerungen) von Ar-Rafidah, mit denen sie Ahl us-Sunnah wal-Jama’ah (jenen, die an Sunnah und muslimischer Gemeinschaft festhalten) und dem Weg der Sahaba (Propheten-Gefährten) widersprachen. Folglich ist es nicht erlaubt, sie in dieser Angelegenheit zu imitieren.
Und Allah ist Derjenige von dem die Befähigung kommt!
Shaykh Abdulaziz ibn Baz, rahimahullah
Fataawa Ibn Baz - Teil Nr. 26, Seite Nr. 250-253
[1] Steht so im Originaltext; allerdings kann es 'Al-Dulaby' sein.
[2] Berichtet von Muslim, Buch über rechtliche Entscheidungen, Kapitel über das Ablehnen von falschen Sachen und Innovationen (in der Religion), Nr. 1718. (Überliefert von Muslim in seinem Sahih und von Al-Bukhari als Hadith Mu’allaq [Hadith mit fehlendem Glied in der Erzählkette, direkt berichtet vom Propheten], aber er bestätigte seine Echtheit.)
[3] Al-Bukhari, Sahih, Buch über die Schlichtung/Aussöhnung, Nr. 2697; Muslim, Sahih, Buch über rechtliche Entscheidungen, Nr. 1718; Abu Dawud, Sunan, Buch betreffend Al-Sunnah, Nr. 4606; Ibn Majah, Sunan, Einleitung, Nr. 14; und Ahmad, Musnad, Bnd. 6, S. 240. (Zugestimmt von Al-Bukhari und Muslim aus dem Hadith von `Aischa.)